Meinung

Bidens Logik ist ein Blankoscheck: Russland kann Vergeltung für den Abschuss der Il-76 üben

Die USA oder einer ihrer NATO-Vasallen lieferten die Raketen an die Ukraine, mit der die Transportmaschine Il-76 über russischem Territorium abgeschossen wurde. Das macht gemäß Bidens Logik die USA oder die NATO somit zu Mittätern einer tödlichen Aggression gegen Russland.
Bidens Logik ist ein Blankoscheck: Russland kann Vergeltung für den Abschuss der Il-76 übenQuelle: Sputnik

Von Finian Cunningham

Joe Biden behauptet, dass die Vereinigten Staaten das Recht hätten, Iran anzugreifen, nachdem drei US-amerikanische Soldaten bei einem Angriff auf einen US-Stützpunkt in Jordanien getötet wurden. Biden wirft somit in seinem Glashaus sitzend mit Steinen, wenn wir uns anschließend den Fall des Abschusses der russischen Transportmaschine vom Typ Il-76 im russischen Luftraum ansehen, bei dem 65 ukrainische Kriegsgefangene und neun Besatzungsmitglieder ums Leben kamen.

Es ist keineswegs klar, ob Iran am Angriff auf den US-Stützpunkt beteiligt war. Teheran bestreitet dies vehement und selbst das Pentagon musste zugeben, dass es keine Beweise dafür gibt, dass Iran an dem Angriff mit Drohnen beteiligt war.

Dennoch hat Biden darauf bestanden, Iran sei der Urheber des Angriffs und dies gebe den USA das Recht, militärisch darauf zu reagieren. Wenn Biden derartiges behaupten kann, dann sollten die Vereinigten Staaten und ihre NATO-Verbündeten für den Abschuss des Transportflugzeugs Il-76 über Russland zur Verantwortung gezogen werden. Nur so lässt sich die Argumentation von niemand anderem als dem US-Präsidenten interpretieren.

Mit "zur Verantwortung gezogen werden" bedeutet, dass Russland das Recht hat, militärische Vergeltungsmaßnahmen gegen jene Täter des Verbrechens zu ergreifen, bei dem 74 Menschen getötet wurden. Dies entspräche Joe Bidens eigener Argumentation. Biden dachte dabei wohl nicht an den tödlichen Vorfall vom 24. Januar, bei dem ein russisches Transportflugzeug von einer aus dem Westen gelieferten Rakete abgeschossen wurde.

Der US-Präsident stellte sich den Fragen der Journalisten zum Tod von drei US-amerikanischen Militärangehörigen auf einem Stützpunkt in Jordanien, der von irakischen Milizen am 28. Januar angegriffen wurde. Dabei verlautbarte Biden, er mache letztlich Iran für die amerikanischen Todesopfer verantwortlich, und kündigte Vergeltung an. Etwas widersprüchlich ergänzten sowohl der US-Präsident als auch seine diversen Sprecher diese Aussage damit, dass die Vereinigten Staaten keinen "erweiterten Krieg" mit Iran anstreben würden, obwohl Biden bekräftigte, dass er beabsichtige, iranische Ziele "zu einem Zeitpunkt unserer Wahl" anzugreifen. Wenn das kein "erweiterter Krieg" bedeutet, was dann? Für den Angriff übernahm die mit Iran verbündete irakische Miliz "Islamischer Widerstand" die Verantwortung. Auf die Frage, ob er Iran die Schuld gebe, antwortete Biden, dass er dies tue, "in dem Sinne, dass Iran die Waffen an jene Leute lieferte, die es getan haben".

Die irakischen Milizen sind in ähnlicher Weise mit Teheran verbunden, wie die Hamas im Gazastreifen, die Hisbollah im Libanon und Syrien sowie die Ansar-Allah-Bewegung im Jemen. Alle Akteure sind motiviert durch den entschiedenen Widerstand gegen die militärische Besetzung des Nahen Ostens durch die USA und die Unterstützung Washingtons für Israels genozidale Aggression im Gazastreifen. Gemeinsam werden Iran und seine Verbündeten auch als Achse des Widerstands bezeichnet.

Es gibt keine Beweise dafür, dass Iran die Waffen an die Militanten geliefert hat, die drei US-amerikanischen Soldaten das Leben genommen haben. Teheran machte deutlich, dass jedes Mitglied der Achse des Widerstands über seine eigenen Entscheidungskompetenzen und Handlungsfähigkeiten verfüge.

Im Gegensatz dazu werden die Lieferungen US-amerikanischer und anderer NATO-Waffen an das Kiewer Regime jedoch öffentlich wahrgenommen und es wird sogar in den Medien darüber berichtet. Schätzungsweise hat der Westen die Ukraine seit Ausbruch des Stellvertreterkrieges gegen Russland im Februar 2022 mit insgesamt 200 Milliarden US-Dollar finanziert. Etwa die Hälfte davon wurde für Waffen ausgegeben, darunter für Langstreckenraketen wie Patriot, Shadow Storm, Scalp und Iris-T-Systeme. Britische und französische Marschflugkörper wurden wiederholt eingesetzt, um russische Grenzgebiete zur Ukraine zu beschießen, wie zum Beispiel Belgorod, was zu Dutzenden von zivilen Todesopfern führte. 

Und es ist mittlerweile mehr als gesichert, dass der Angriff auf das Transportflugzeug Il-76 mit einer vom Westen gelieferten Rakete durchgeführt wurde, nachdem russische Ermittler des Untersuchungskomitees der Russischen Föderation diese Woche den Verdacht bestätigen konnten, dass das Frachtflugzeug mit einer NATO-Waffe abgeschossen wurde – entweder mit einer in den USA hergestellten Patriot-Rakete oder einer aus Deutschland gelieferten Boden-Luft-Rakete vom Typ Iris-T.

Als die Il-76 am 24. Januar über dem russischen Gebiet Belgorod vom Himmel geholt wurde, registrierten russische Radargeräte den Abschuss von zwei Objekten in fast 100 Kilometern Entfernung vom Ziel. Die Raketen wurden angeblich vom Ort Lipzy im ostukrainischen Gebiet Charkow abgefeuert. Man geht davon aus, dass nur von der NATO an die ukrainischen Streitkräfte gelieferte Raketen eine solche Reichweite erzielen können. Nach dem Abschuss der Il-76 erklärte der Kreml, dass, wenn es sich bestätigen sollte, dass westliche Waffen für den Abschuss eingesetzt wurden, Russland den Westen als Mittäter an dem Verbrechen betrachten wird.

Am 26. Januar erklärte der erste stellvertretende Ständige Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen, Dmitri Poljanski: "Nach vorläufigen Ermittlungen haben die ukrainischen Streitkräfte diesen Terroranschlag mit einem Flugabwehr-Raketensystem durchgeführt. Diese Raketen wurden vom Dorf Lipzy im Gebiet Charkow abgefeuert." Weiter fügte er hinzu: "Dies könnten entweder amerikanische Patriot-Raketen oder von Deutschland gelieferte Iris-T-Raketen gewesen sein. Sollte sich dies bestätigen, werden die westlichen Lieferanten dieser Raketen zu Mittätern dieses Verbrechens. Ebenso sind sie am Beschuss friedlicher russischer Städte beteiligt, der von den ukrainischen Streitkräften mit westlichen Waffen durchgeführt wird."

Die USA oder einer ihrer NATO-Vasallen lieferten diese Waffen an die Ukraine. Das macht die USA oder die NATO somit zu Mittätern einer tödlichen Aggression gegen Russland. Und indem man dieselbe Logik wie jene von Joe Biden im Falle Irans anwendet – "in dem Sinne, dass sie die Waffen an jene Leute lieferten, die es getan haben" –, erteilte Biden Russland einen Blankoscheck, um US-amerikanische oder NATO-Ziele als Vergeltung anzugreifen.

Erstveröffentlichung in englischer Sprache bei Strategic Culture Foundation.

Finian Cunningham ist ein preisgekrönter Journalist. Mehr als 25 Jahre arbeitete er als Redakteur und Autor unter anderem für Zeitungen wie Mirror, Independent, Irish Times und Irish Independent.

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