Meinung

Zählt jemand mit? Tagesschau präsentiert weitere Version der Nord-Stream-Sprengung

Die Tagesschau hat am Sonntag ein neues Produkt ihres "investigativen Journalismus" veröffentlicht, das eine Aufklärung der Sprengung der deutsch-russischen Gaspipelines Nord Stream und Nord Stream 2 näher bringen soll. Gleich zwei Spuren sollen diesmal nach Kiew führen.
Zählt jemand mit? Tagesschau präsentiert weitere Version der Nord-Stream-SprengungQuelle: www.globallookpress.com © Cover Images/Keystone Press Agency

Von Anton Gentzen

Erst waren es "Privatpersonen mit Verbindungen zur Ukraine, aber nicht zum ukrainischen Staat"; kurzzeitig stand Polen im Verdacht; dann wurde angedeutet, dass Russland seine Nord Stream-Gaspipelines in der Ostsee selbst gesprengt habe. Nun präsentiert die ARD-Tagesschau "in Zusammenarbeit mit der Süddeutschen Zeitung und internationalen Partnern" am Sonntag eine neue Version dessen, wer außer den US-Geheimdiensten die Energie- und Lebensadern, die Deutschland mit billigem russischem Erdgas versorgt haben (Nord Stream 1) oder hätten versorgen können (Nord Stream 2), mit massiven Sprengsätzen zerstört haben könnte. 

Wir sind nicht in Hollywood; machen wir den Spannungsbogen also nicht zu lang. Diesmal war es nicht, wie von den deutschen Leitmedien zu erwarten, Putin persönlich im maßgeschneiderten Tauchanzug. Es war nun doch jemand, dessen Motiv nicht von der Hand zu weisen ist: die Ukraine.  

Eine neue Recherche von NDR, WDR, Süddeutscher Zeitung und internationalen Medienpartnern zeige, so der am Sonntag veröffentlichte Bericht, dass "mehrere neue Spuren" in Richtung Ukraine führen. Briefkastenfirmen seien involviert sowie "eine Person mit möglichen Verbindungen zum ukrainischen Militär". Beteiligt an der Recherche waren die schwedische Zeitung Expressen, das polnische Onlinemagazin frontstory und die dänische Tageszeitung Berlingske.

Im Mittelpunkt, wie in der ersten "öffentlich-rechtlichen" Version, die damals stark nach Ablenkung vom wahren Täter roch: immer noch das  "unscheinbare, vergleichsweise kleine" Segelboot "Andromeda", 15 Meter lang. Doch die Spuren verlaufen sich laut ARD-Journalisten diesmal unerwartet nicht im Privaten und Anonymen, sondern führen in die Ukraine. Und das sei "politischer Sprengstoff". 

Bei der polnischen Firma, die die "Andromeda" im September 2022 angemietet hat, handele es sich laut dem ARD-Bericht "offenbar" um ein Reisebüro, das laut polnischem Handelsregister seinen Sitz in einem "unscheinbaren Plattenbau im Warschauer Szeneviertel Powiśle" habe. Mehr als 100 Firmen seien auf diese Adresse angemeldet. Vor Ort habe eine Frau den "journalistischen Ermittlern" bestätigt, dass die Firma dort ansässig sei. Kontakt zu angeblichen Firmeninhabern halte sie jedoch nur per Mail – eine Telefonnummer liege ihr nicht vor.

Die vorliegenden Informationen lassen – bei der ARD zumindest – den Eindruck entstehen, dass "es sich bei dem angeblichen Reisebüro, das über keine Webseite verfügt, um eine Briefkastenfirma handeln könnte". Den Geschäftsunterlagen zufolge habe die Firma in den vergangenen Jahren keine nennenswerten Umsätze gemacht, jedoch im Jahr 2020 plötzlich 2,8 Millionen Euro eingenommen. Worauf dieser hohe Umsatz zurückgeht, sei unklar. 

Hinzu komme laut demBericht, dass die als Präsidentin und Anteilseignerin des angeblichen Reiseunternehmens eingetragene Frau heute in Kiew leben soll. Die "investigativen Reporter" behaupten, sie kontaktiert zu haben. Am Telefon habe sie "zunächst" gezögert, bevor sie bestätigte, Präsidentin der Firma zu sein. Auf Fragen einzugehen, habe sie abgelehnt und den Hörer aufgelegt. Fragen, die ihr per Mail geschickt wurden, seien unbeantwortet geblieben.

Aus diesen Umständen schließen die ARD-Reporter, das polnische Briefkasten-Reisebüro sei "lediglich dafür genutzt" worden, die Segeljacht "Andromeda" zu mieten und zu bezahlen, um die tatsächlichen Hintermänner zu verschleiern. 

Es gebe, so die Tagesschau, aber noch eine weitere Spur, die von der "unscheinbaren Jacht 'Andromeda'" ausgehe und in die Ukraine führe. Die deutschen Sicherheitsbehörden sehen sie laut ARD "tatsächlich als brisant an, da sie in ukrainische Militärkreise" führe: Bei der Anmietung der Jacht sollen zumindest einige der Personen, die später mit dem Boot auf der Ostsee unterwegs waren, Pässe vorgelegt haben. Darunter habe sich den Recherchen zufolge ein rumänischer Pass, ausgestellt auf den Namen "Stefan M." befunden. Eine Person mit diesem Namen und dem ausgewiesenen Geburtsdatum soll tatsächlich existieren, allerdings habe sie sich nach Erkenntnissen des BKA zum Zeitpunkt der Explosionen "ziemlich sicher" in Rumänien aufgehalten. Deutsche Ermittler glauben, bei dem tatsächlichen Nutzer des Passes könnte es sich um einen ukrainischen Staatsangehörigen handeln: einen Mann, Mitte 20, aus einer Stadt südöstlich von Kiew. Sein Name, so der Bericht der ARD, sei dem Reporterteam bekannt.

Die Tagesschau veröffentlicht von ihm sogar ein Foto, schwärzt aber das Gesicht. Das Foto zeigt eine Person in einer militärischen Tarnuniform mit einem um den Hals hängenden Maschinengewehr. Andere Fotos, konkretisiert der Bericht, sollen den Mann "mit auffälligen Tätowierungen" zeigen. Wir ahnen, mit welchen. 

Soweit die Erzählung der Tagesschau, die es nicht lassen kann, am Schluss des Berichts dann doch wieder auf die ominösen "verdächtigen russischen Schiffe" zu verweisen, um sich auch diese Option offenzuhalten. 

Was ist davon zu halten? Kann es die Ukraine gewesen sein, aus "Rache für den russischen Angriffskrieg", wie die Tagesschau mutmaßt, oder aus handfesteren Motiven, verdient sie doch – bis heute, Krieg hin oder her – jährlich Milliarden am Transit russischen Gases durch ihr Territorium? 

Unmöglich ist dies nicht. Zwei Sachen sollten uns jedoch klar sein: Erstens, die derzeitige Regierung der Ukraine ist nichts anderes als ein angelsächsisches Marionettenregime. Ohne Anleitung aus London und ohne zumindest ein grundsätzliches "OK" aus Washington geschieht dort wenig bis gar nichts. Zumal zweifelhaft ist, ob die Ukraine derzeit überhaupt über die technischen und logistischen Fähigkeiten verfügt, um einen solch komplexen Sabotageakt tief unter dem Meeresspiegel durchzuführen. 

Zweitens ändert auch das neue Produkt des "investigativen Journalismus" nichts daran, dass die "Andromeda" als Tatwaffe nach langem Schweigen der Ermittler erst auftauchte, als Seymour Hersh die Ergebnisse seiner Ermittlungen veröffentlichte. Es ändert nichts daran, dass der US-amerikanische Präsident die Zerstörung der Nord Streams im Voraus angedroht hatte. Es macht auch die SMS der damaligen britischen Premierministerin, die nach der Sprengung der deutsch-russischen Lebensader "Es ist vollbracht" textete, nicht rückgängig, mit der sie quasi ein Geständnis ablegte. 

Sollte jemand eine Wette in Erwägung ziehen, wer denn die Nord-Stream-Pipelines zerstört hat, dann hat der Einsatz auf London als Ausführenden mit Washington als Hintermann und Kiew als Gehilfe die größten Gewinnchancen. Alles andere ist ein ziemlich offensichtliches Cover-up. Im Juristendeutsch auch "Strafvereitelung" genannt. 

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