Meinung

Transgender in die Geschichte gebeamt – Die woke Bewegung nimmt die Archäologie ins Visier

Die Identifizierung des Geschlechts menschlicher Überreste muss laut woken Akademikern aufhören. Falls man dieser Aufforderung Folge leistet, dann wird das zu einer Katastrophe für die Wissenschaft führen.
Transgender in die Geschichte gebeamt – Die woke Bewegung nimmt die Archäologie ins VisierQuelle: Gettyimages.ru © Samuel Aranda

von Ian Miles Cheong 

Anthropologen haben die Fähigkeit, zahlreiche Informationen aus den Überresten menschlicher Skelette herauszulesen. Selbst wenn alle Merkmale, die einen Hinweis auf das biologische Geschlecht eines verstorbenen Menschen geben könnten, längst verschwunden sind, können Anthropologen dank jahrelanger Bildung und Erfahrung ein relativ lebendiges Bild dieses Menschen zeichnen. Eine der ersten Beobachtungen, die Wissenschaftler festhalten, wenn sie exhumierte menschliche Überreste untersuchen, ist das Geschlecht – ein Schlüsselfaktor, um herauszufinden, welche Art von Leben er oder sie geführt haben könnte.

Beim jüngsten Versuch der Stoßtruppen für soziale Gerechtigkeit, ihre Ideologie in alle wissenschaftlichen Bereiche zu zwängen – sei es in der Mathematik, in der Physik oder in der Geschichte, die man kurzerhand umschreibt, damit sie in die woke Agenda passt –, sind die neuesten Bereiche, die angegriffen werden, Archäologie und Anthropologie.

In einem Twitter-Thread, der fast 60.000 Likes erhielt, kritisierte Emma Palladino, eine kanadische Kandidatin für ein Masterdiplom, ein anstößiges, aber wissenschaftlich nicht ungenaues Internet-Meme, in dem das Leben einer Transgender-Person beschrieben wird, deren Knochen tausend Jahre später von Archäologen ausgegraben werden und die in der Folge geschlechtsspezifisch falsch identifiziert wurde – oder besser gesagt, identifiziert in ihrem biologischen Geschlecht und nicht in ihrer Geschlechtsidentität.

Die Akademikerin bestand darauf, dass die Idee hinter dem Meme "Kuhmist" sei, und führte eine lange Argumentation ins Feld darüber, wie "gender + queere Archäologen und Wissenschaftler seit Jahrzehnten daran arbeiten, Annahmen zu entschlüsseln, die Archäologen heute und in der Vergangenheit über Geschlecht und Geschlechtsidentität machen". Palladino bestand zudem darauf, dass Archäologen "sich bewusst sind, wie kulturell und räumlich relativ" die Konzepte von Geschlecht und Geschlechtsidentität sind.

Nachdem es in der Twitter-Öffentlichkeit zu heftigen Gegenreaktionen gegen ihre Argumentation und ihren Versuch, woken Aktivismus in den akademischen Bereich zu drängen, gekommen war, sperrte sie kurzerhand ihren Twitter-Account.

Ungeachtet dessen, was progressive Gelehrte wie Palladino über den Unterschied zwischen Geschlecht und Geschlechtsidentität sagen mögen, besteht beides aus einem ganzen Spektrum, das Wissenschaftler noch entschlüsseln müssen. Anders als die Ideologen der sozialen Gerechtigkeit die Welt glauben machen möchten, werden die wissenschaftlichen Annahmen und Schlussfolgerungen, die Archäologen und Anthropologen machen, nicht von Ideen wie weiß, männlich oder cis-geschlechtliche Vorherrschaft bestimmt.

Die Bewegung, die Gender-Ideologie in der Archäologie und Anthropologie kodifiziert sehen wollen, besteht nicht ausschließlich aus Palladino allein. Tatsächlich hat diese Bewegung breite Unterstützung von Archäologen und Anthropologen erhalten, die eine Gruppe namens "Trans Doe Task Force" gebildet haben.

Diese Gruppe möchte Anthropologen daran hindern, Überreste als männlich oder weiblich zu identifizieren, und behauptet, dass bestehende Standards der forensischen Identifizierung von Menschen ein Nachteil für jene Menschen sind, die nicht in das "binäre Geschlechter-Schema" passen. Im Wesentlichen, so behauptet die Gruppe, wird jeder, der außerhalb des sogenannten Binärsystems existierte, von forensischen Archäologen und Anthropologen mit einem falschen Geschlecht versehen. Im Leitbild der Gruppe wird ein "geschlechterübergreifender Ansatz" zur Identifizierung menschlicher Überreste vorgeschlagen, indem nach "kontextuellen Hinweisen" wie Überreste von Kleidung gesucht wird, die "kulturell auf ein anderes Geschlecht als das ihnen zugewiesene Geschlecht kodiert ist".

Zuzulassen, dass moderne soziale Gerechtigkeitsstandards die grundlegende Biologie übertrumpfen, könnte das Tor für eine Vielzahl moderner Anmaßungen öffnen und möglicherweise einen wissenschaftlichen Wert zerstören, nur um die Überzeugungen von Aktivisten aus der Ersten Welt des 21. Jahrhunderts zu bestätigen. Einige Wissenschaftler weigern sich, sich mit dem Thema zu befassen, und wehren sich gegen die "Wokeisierung" ihrer wissenschaftlichen Forschungsfelder. Eine dieser Akademiker ist Elizabeth Weiss, Professorin für Archäologie an der Staatlichen Universität von San José, die eine Abschaffung der Klassifizierung der Geschlechter als "ideologisch motivierten Mist" bezeichnete.

In einem Interview mit dem College Fix wies Weiss darauf hin, dass die derzeitige Popularität des Transgenderismus in westlichen Gesellschaften ein "sozialer und nicht ein biologischer Trend ist". Ihre Bemerkungen werden durch Statistiken untermauert, die zeigen, dass die Mehrheit der jungen Menschen, die sich als Transgender outen, dies innerhalb von Gruppen von Gleichgesinnten tun und nicht als Personen, bei denen eine Geschlechtsdysphorie diagnostiziert wurde. "Die nachträgliche "Entgeschlechtlichung" verschleiert diese offensichtliche Tatsache", sagte Weiss.

Und das ist nicht das einzige Problem. Die Anwendung von biologischem Geschlecht auf archäologische Überreste hat dazu beigetragen, Mythen zu zerstreuen, die der Sache der Frauen geschadet haben, sagte die Archäologin und stellte fest, dass die Anthropologie in der Vergangenheit, bei indigenen amerikanischen Funden, manchmal robuste weibliche Skelette mit männlichen verwechselte.

Sie fügte hinzu, dass solche Fehlidentifikationen falsche Klischees geschaffen haben, wie jenes, dass Frauen nicht so hart arbeiten würden wie Männer. Jahrzehntelange wissenschaftliche Arbeit, um festzustellen, welche Eigenschaften durch das Geschlecht bestimmt werden, half dabei, diese falschen Stereotypen zu beseitigen und die archäologischen Aufzeichnungen zu korrigieren. Tatsächlich ist eine Politik, all diese Fortschritte im Namen des Wokeismus rückgängig zu machen, ein Rückschritt sowohl für die Wissenschaft als auch für die Sache der Frauen.

Darüber hinaus hilft eine geschlechtliche Identifizierung von Skeletten forensischen Ermittlern, strafrechtliche Ermittlungen durchzuführen, um zum Beispiel Opfer von Serienmördern zu identifizieren, bemerkte Weiss. Aufgrund ihrer unverblümten Haltung zu dem Thema hat ihre eigene Universität sie aus der Sammlung menschlicher archäologischer Funde verbannt – sie glaubt, dass dies ein Akt der Vergeltung war, für ihren Widerstand gegen die Rückführung menschlicher Überreste an ihren Ursprungsort.

Gender-Ideologie ist nicht das Einzige, das in die Archäologie und Anthropologie gedrängt werden soll. Vertreter der kritischen Rassentheorie versuchen ebenfalls, sich ihren Weg in diese wissenschaftlichen Bereiche zu bahnen, indem sie fordern, dass Wissenschaftler aufhören sollen, Überreste nach Rasse zu klassifizieren. Diejenigen, die diesen Vorstoß anführen, argumentieren, dass "die Einschätzung der Rasse eines Fundes zur Förderung der weißen Vorherrschaft beiträgt". Aber was ist heutzutage schon kein weißer Rassist?

Wenn der woke Mob bekommt, was er will, dann könnten Anthropologie und Archäologie am Ende ungefähr so ​​viel Wert haben wie Astrologie – oder jede andere der vielen modernen "Wissenschaften", die dermaßen von Ideologien getrieben werden, dass sie keinen Raum mehr für die Wahrheitsfindung lassen.

Übersetzt aus dem Englischen.

Ian Miles Cheong ist ein Politik- und Kulturkommentator. Seine Arbeiten wurden in The Rebel, Penthouse, Human Events und The Post Millennial veröffentlicht. Man kann Ian auf Twitter unter @stillgray und auf Telegram @CultureWarRoom folgen.

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