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Deutschlands neue Friedensbewegung: Wird sie erfolgreicher als die Corona-Proteste?

Die Corona-Proteste 2020 - 2022 haben gezeigt, wie schwer es eine außerparlamentarische Opposition ohne Unterstützung aus dem Establishment hat. Bei den Protesten gegen den Ukrainekrieg könnte es anders sein. Am Samstag riefen Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht zu einer neuen Friedensbewegung auf.
Deutschlands neue Friedensbewegung: Wird sie erfolgreicher als die Corona-Proteste?

Die "Aufstand für Frieden"-Demonstration am Samstag in Berlin war für die zehntausenden Teilnehmer und Unterstützer vor allem eines: eine Erleichterung. Ein Jahr Ukrainekrieg, ein Jahr bedingungslose Unterstützung für die Ukraine gegen Russland durch die Bundesregierung, und endlich sprach jemand einige der vielen Ungereimtheiten und Widersprüche an, die sich angesammelt haben.

Deutschlands Freiheit wird heute genauso wenig in der Ukraine verteidigt wie früher am Hindukusch. Im Ukrainekrieg geht es nicht um Werte, sondern um die NATO und den Umfang der US-Einflusszone. Es ist verbrecherisch, der Ukraine einzureden, sie könne Russland besiegen. Nach einem Jahr Tod und Verwüstung ist es legitim, nach dem Ziel des Krieges und seiner Verhältnismäßigkeit zu fragen.

Diese simplen, aber im polit-medialen Establishment nicht gern gehörten Wahrheiten sprach nicht irgendjemand aus. Sie stammen von Alice Schwarzer, der feministischen Ikone der Bonner Republik, und Sahra Wagenknecht, des Enfant Terrible der Linkspartei. Beide sind sich einig: Der Krieg in der Ukraine muss enden. Angesichts des fehlenden Willens seitens der Politik und massiver Waffenlieferungen brauche Deutschland wieder eine starke Friedensbewegung.

Demonstranten reisten aus ganz Deutschland an

Aus ganz Deutschland kamen die Demonstranten, um am "Aufstand für den Frieden" teilzunehmen. Im Gegensatz hierzu blieben die Ukrainer auf ihrer Demonstration am Vortag weitgehend unter sich. 1.400 Einsatzkräfte der Polizei an dem Tag im Einsatz, auch für den Schutz des Regierungsviertels. Die Polizei sprach von 13.000 Teilnehmern, die Veranstalter von 50.000. Die angemeldete Teilnehmerzahl von 10.000 wurde in jedem Fall überschritten.

Hinweise auf Rechtsextreme habe es laut Polizeiangaben nicht gegeben. Trotzdem hielten die anwesenden Journalisten gespannt nach ihnen Ausschau, was zu der absurden Szene führte, dass ein Demo-Teilnehmer einem Phoenix-Reporter seine Angst vor dem Dritten Weltkrieg mitteilte und er daraufhin von dem Reporter gefragt wurde: "Haben Sie auch Angst vor rechter Unterwanderung der Demo?"

In der medialen Vor- und Nachbesprechung war die Frage der "Rechtsoffenheit" das bestimmende Thema, (Schwarzers und Wagenknechts "Manifest für den Frieden" hat immerhin auch Tino Chrupalla unterschrieben). Im Studio von Phoenix ging die Suche nach Rechtsextremisten weiter und man fand sie nicht nur auf der Friedensdemo in Berlin, sondern offenbar auch in Moskau, als der Osteuropa-Experte Frank Umbach das heutige Russland mit Nazi-Deutschland verglich. Das hätte man im Zweiten Weltkrieg schließlich auch nicht mit einer pazifistischen Haltung besiegt.

Der Vergleich hinkt natürlich an allen Stellen. Wie im Fall des Ukrainekriegs lässt man die komplexe Vorgeschichte, die im Fall Deutschlands zum Aufstieg der Nationalsozialisten führte, lieber weg. Wenn es eine Parallele gibt, dann die, dass die Nachkriegsordnungen nach dem Ersten Weltkrieg und nach dem Kalten Krieg auf Kosten der Verlierer Deutschland und Russland etabliert wurde statt mit ihrer Einbeziehung.

Dieselbe Ordnung, die durch den Ukrainekrieg nachweislich gescheitert ist, wollen die Politiker des Westens dennoch mit allen Mitteln aufrechterhalten. Ordnung auf Kosten der Verlierer, ist das Denkmuster derer, die fordern, dass mit Putin nicht verhandelt wird. Nur "Rechte" könnten so etwas fordern.

Mediales Framing zurückgewiesen

Der größte Sieg für die Demonstranten am Samstag könnte daher gewesen sein, dass Wagenknecht und Schwarzer die Framing-Versuche der Friedensproteste als "rechts" konsequent von sich wiesen. An der Kampagne, die Versuche, die Friedensbewegung in die Nähe der extremen Rechten zu rücken, sehe man, wie krank die Diskussion in Deutschland inzwischen ist, so Wagenknecht.

"Selbstverständlich haben Neonazis und Reichsbürger auf unserer Friedenskundgebung nichts zu suchen. Das versteht sich aber von selbst, dachte ich. Aber genauso sage ich auch, jeder, der ehrlichen Herzens mit uns für Frieden und Verhandlungen demonstrieren will, ist hier willkommen."

Schwarzer setzte sogar noch einen drauf:

"Es wird sehr schwierig, zu definieren, was links und rechts ist, und ich schlage vor, dass wir uns einfach gegenseitig an unseren Taten messen, und nicht an längst leeren, ausgehöhlten Etiketten."

Als Schwarzer die psychologische Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas in Deutschland anspricht, tönt besonders lauter Jubel.

"Die Zeitenwende ist, dass das Wort Pazifist zu einem Schimpfwort geworden ist."

Spätestens hier wird deutlich, dass es den Demonstranten auch um die Grundfesten der Demokratie geht. Sie wollen gehört werden und ihre Meinung sagen können, ohne von den Meinungsmachern diffamiert zu werden. Sie wissen, Selenskij ist kein Held, sondern Politiker, die Ukraine verteidigt weder Europa noch die Demokratie und die Rede vom russischen Vernichtungskrieg war von Anfang an eine Lüge. Mit ihrer Demonstration, die Lügen wie diese anspricht, haben Wagenknecht und Schwarzer der großen Erzählung, die die politischen und medialen Meinungsmachern den Bürgern auftischen will, um ihre Politik zu rechtfertigen, einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Die Parallelen zwischen der Corona-Politik und der Ukraine-Politik sind augenscheinlich. Die psychologische Vergiftung erfolgte bereits im Zuge der Corona-Proteste. Statt Zeitenwende gab es Great Reset, statt Pazifist war nun Querdenker ein Schimpfwort.

"Was wir heute hier erleben, ist der Beginn einer Bürgerbewegung, die bitter nötig ist."

Auch dieser Satz hätte bereits vor über zwei Jahren fallen können.

Aufmarsch "Auf dem Weg in den Frieden"

Werden Wagenknecht und Schwarzer der neuen Friedensbewegung, die sie ausgerufen haben, treu bleiben? Aus den Lautsprechern der Bühne tönt noch John Lennons "Imagine". Aus einer Musikbox auf Rädern spielt es "99 Luftballons" von Nena. Die Demo vor dem Brandenburger Tor ist beendet. Doch am Potsdamer Platz geht es weiter mit einem Aufmarsch des Bündnisses "Friedlich zusammen", dem sich mehrere Tausend anschließen. Das Motto: "Auf dem Weg in den Frieden".

Die Menschen, die sich um das Aufmarschfahrzeug sammelten, trugen Friedensflaggen, es waren Leute von der Freien Linken und der Basis dabei. Es gab Trommler und aus der Musikbox spielte es "Krieger des Lichts" von Silbermond. Wer genau hinschaute, sah, dass hier die Veteranen der Corona-Proteste zusammengekommen waren.

In der Rede vor dem Aufmarsch kam noch einmal Schwarzers und Wagenknechts "Manifest für den Frieden" zur Sprache, das mittlerweile über 700.000 Unterschriften zählt. Die Gegen-Petition des Politikwissenschaftlers Alexander Stephans erreichte bis dato hingegen nur 30.000 Unterschriften. "Dies sollte sich in der medialen Berichterstattung wiederfinden. Tut es das?" Natürlich nicht. Für die Veteranen der Corona-Proteste ist es ein Déjà-vu. Von ihren Erfahrungen wird eine künftige Friedensbewegung mit Sicherheit profitieren.

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