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Bluttat in Regionalzug – Sieht sich Deutschland mit Zunahme an Messerattacken konfrontiert?

In einem Regionalzug sind bei Brokstedt am Mittwoch bei einem Messerangriff zwei Menschen getötet und sieben weitere verletzt worden. Der tragische Vorfall war in den letzten Wochen bei Weitem nicht der Einzige seiner Art. Fakt ist: Berichte über tödliche Attacken mit Messern häufen sich.
Bluttat in Regionalzug – Sieht sich Deutschland mit Zunahme an Messerattacken konfrontiert?Quelle: www.globallookpress.com © imago stock&people

Der tätliche Messerangriff mit zwei Toten und sieben Verletzten in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg hat am Mittwoch für allgemeines Entsetzen gesorgt. Nach bisherigen Erkenntnissen soll es sich bei dem Täter um einen 33 Jahre alten staatenlosen Palästinenser handeln. Über das Motiv der Tat ist nach Angaben der in dem Fall ermittelnden Polizeibehörde in Itzehoe, Schleswig-Holstein, derweil noch nichts bekannt.  

Gegen 14.55 Uhr, kurz vor der Ankunft im Bahnhof Brokstedt (Kreis Steinburg), griff ein Mann Fahrgäste mit einer Stichwaffe an. "Dabei erlitten zwei der Opfer tödliche Verletzungen, drei weitere schwere und vier Menschen leichte", teilte die Polizei am Mittwochabend mit. Nur das mutige Eingreifen einiger Fahrgäste verhinderte Schlimmeres. Diese hätten den Täter laut Bild mit Koffern beworfen und ihn bis zum Eintreffen der Einsatzkräfte festgesetzt. Bei dem Vorfall sei auch der Täter selbst verletzt worden, hieß es vonseiten der Behörden. Er befinde sich derzeit in einem Krankenhaus und werde, sobald es geht, vernommen. 

Zum Tatzeitpunkt hatten sich in dem Zug 120 Fahrgäste befunden. Diese seien nach Ankunft der Polizei in einem nahe gelegenen Gasthof befragt und psychologisch betreut worden. Brisant ist: Der Palästinenser war laut Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) offenbar erst vor wenigen Tagen aus der Haft entlassen worden. Zwar sei er nach vorläufigen Erkenntnissen bislang nicht als Extremist aufgefallen, jedoch mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten – unter anderem mit Messerdelikten, erfuhr der NDR aus Ermittlerkreisen.

Zahl der Messerangriffe steigt bundesweit

Das Tötungsdelikt in dem Regionalzug ist der traurige Höhepunkt in einer ganzen Serie von Messerattacken. In jüngerer Zeit kommt es dem Anschein nach zu einer Häufung derartiger Vorfälle. Auf den Partymeilen von Städten wie Berlin oder Köln, an Bahnhöfen und sogar auf Schulhöfen oder auf dem Weg dorthin wird scheinbar immer öfter zum Messer gegriffen. Anfang Dezember etwa hatte ein Asylbewerber aus Eritrea in Illerkirchberg (Baden-Württemberg) zwei Mädchen auf ihrem Schulweg beim Angriff mit einer Stichwaffe schwer verletzt – eines der Opfer so stark, dass es wenig später seinen Verletzungen erlag.

Am 10. Januar sorgte bereits der nächste tragische Vorfall an einer Schule für bundesweite Schlagzeilen: Aus bisher ungeklärten Gründen erstach ein erst 17-jähriger Schüler einer Berufsschule in Ibbenbüren seine Klassenlehrerin. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war die 55-Jährige "aufgrund der zahlreichen Stichverletzungen" verblutet. In Regensburg kam es seit Neujahr bereits zu gleich zwei Messerangriffen. Dort griffen zwei Männer an zwei Tagen ihre Partnerinnen mit Messern an, beide Frauen überlebten. Am Sonntagnachmittag wurde bei einer Messerattacke in Bremen-Mitte ein 30-jähriger Mann verletzt. Der bisher unbekannte Angreifer flüchtete, nachdem das Opfer ihm ins Gesicht geschlagen hatte, wie die zuständige Polizeidienststelle mitteilte. 

Und das sind bei Weitem noch nicht alle Vorkommnisse der letzten Wochen, bei denen ein Messer im Spiel war. Seit geraumer Zeit vergeht in Deutschland gefühlt kaum ein Tag ohne Messerangriff oder Messerstecherei. Ob dies allerdings "schon immer so war" oder ob es sich bei den vermehrten Messerattacken um ein neues Phänomen handelt, geht aus der Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts (BKA) bislang nicht hervor. Messerangriffe werden von der Statistik des BKA seit Anfang 2020 erfasst. Um mögliche Defizite in der Erhebung ausschließen zu können, müssen die in der Datenbank erfassten Daten zurzeit jedoch noch zusätzlich analysiert werden. Erst wenn eine "einheitliche Erfassung sichergestellt ist, können die entsprechenden Daten in die bundesweite Statistik einfließen", erklärte das BKA im September auf Anfrage des Bundestags. 

Dies nehme "aufgrund der erforderlichen Umstellung von technischen Erfassungssystemen in den Bundesländern" allerdings noch einige Zeit in Anspruch. Bundesweit seien daher frühestens für 2023 valide Daten zu erwarten. Ein deutschlandweiter Vergleich ist somit noch nicht möglich. Denn entsprechende Erhebungen finden sich bislang nur auf Länderebene und bei der Bundespolizei, deren Hoheitsbereich sich allerdings auf Bahnhöfe und Flughäfen beschränkt. Laut der jüngsten von der Behörde veröffentlichten Statistik hat sich die Zahl registrierter Messerattacken zwischen dem zweiten Halbjahr 2021 bis Anfang 2022 demnach von 46 auf 98 mehr als verdoppelt. 

Bei diesen Zahlen ist jedoch zu berücksichtigen, dass aufgrund der Corona-Beschränkungen im Erhebungszeitraum weniger Menschen unterwegs waren, was sich auch auf die Statistik der Bundespolizei auswirkte. Auch zur Herkunft der Täter ist der Erhebung nur wenig zu entnehmen. Zwar wird die jeweilige Staatsangehörigkeit erfasst. Weitergehende Merkmale wie der Aufenthaltsstatus gehen jedoch nicht in die Statistik ein.

Rund 42 Prozent der Taten werden von Ausländern verübt  

Unter den 223 von der Bundespolizei erfassten Tatverdächtigen im ersten Halbjahr 2021 waren demnach 80 Menschen deutsche Staatsangehörige. Bei 82 Personen handelte es sich um Nichtdeutsche, während die Herkunft der restlichen 61 Täter für die Beamten nicht feststellbar war. Obwohl die Behörde Messerangriffe zwar erst seit 2019 als eigene Kategorie unter den Gewalttaten aufführt, lässt sich den Daten ein klarer Trend entnehmen. Demnach handelt es sich bei den Tätern zu 90 Prozent um Männer, jeder zweite ist unter 30 Jahre alt und rund 42 Prozent der Täter sind nicht-deutsch. 

Den Tätern fallen dabei immer häufiger auch Polizisten zum Opfer. Allein in Nordrhein-Westfalen verzeichnete das Innenministerium im Zeitraum zwischen 2021 und 2023 insgesamt 51 Fälle, in denen Beamte der Polizei mit Messern angegriffen wurden. "Das Tatmittel Messer ist nicht neu, aber die Quantität und Qualität hat sich verändert", erklärte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) Anfang Januar bei einer Veranstaltung der Fortbildungsstelle des Polizeipräsidiums Düsseldorf. Als Tatwaffe fungierten zumeist Klapp- und Springmesser. Mit diesen in der Hosentasche fühle sich manch einer unbesiegbar und stärker als er sei, so Reul:

"Da grassiert ein neuer Männlichkeitskult in den Straßen."

Auch der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW, Michael Mertens, sieht das so: Viele junge Männer sähen im Tragen eines Messers "eine besondere Ausprägung der Männlichkeit", sagt er. Die Erfahrung der Polizei zeige zwar, dass sich dieses Verhalten teilweise "mit bestimmten Kulturkreisen in Verbindung bringen" lasse – aber auch der soziale Status und der Bildungsgrad spielen eine entscheidende Rolle: "Viele wissen nicht, wie gefährlich Messerattacken sind", mahnte Mertens. "Sie denken an Videospiele, wo die Menschen nachher wieder aufstehen – aber das ist leider nicht der Fall."

Wie im Rest der Bundesrepublik häufen sich auch in NRW seit Jahren die Messerangriffe. Das Problem: Ein Messer ist eine tödliche Waffe, die in jedem Haushalt vorhanden ist. Auch ungeübte Personen können damit tödliche Stich- oder Schnittverletzungen verursachen. Allein im Jahr 2021 wurden nach Angaben der Behörden in NRW 4.100 Fälle registriert, in denen ein Messer die Tatwaffe war. 30 Menschen kamen dabei ums Leben. Angesichts der kontinuierlich ansteigenden Zahl derartiger Gewaltverbrechen hatte die Landesregierung im Jahr 2021 einige Bereiche im Stadtgebiet von Düsseldorf zu Waffenverbotszonen erklärt. "Seitdem wurden dort bereits 350 Waffen eingezogen", betonte Reul.

Keineswegs besser sieht die Lage in Berlin aus. Auch in der Hauptstadt gehören Messerattacken längst zum Alltag. So war am 9. Januar ein 47-Jähriger auf dem Weg zur U-Bahn in Berlin-Neukölln von einem Unbekannten attackiert und mit einem Messer am Rücken verletzt worden. Nur wenige Tage zuvor, am 2. Januar, hatte ein 36 Jahre alter Mann einer anderen Person am U-Bahnhof Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg nach einem Streit ein Messer in die Schulter gerammt. Einen Tag später traf es einen 17-jährigen Schüler, der vor seiner Schule mit einem Messer verletzt worden war. Laut Polizeiangaben hatte der Jugendliche dabei mehrere Stichverletzungen im Bauchbereich erlitten. 

2022 wurden berlinweit fast 2.800 Messerangriffe erfasst, erklärte der innenpolitische Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, Frank Balzer, auf Anfrage der Berliner Zeitung. 33 Personen hätten dabei so schlimme Verletzungen davongetragen, dass sie daran starben. Die meisten Messerattacken ereigneten sich demnach in Berlin-Mitte, gefolgt von Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg. In Tempelhof-Schöneberg registrierte die Polizei die wenigsten Fälle. Auch in Niedersachsen häufen sich Delikte, bei denen als Tatwaffe ein Messer verwendet wurde. Zuletzt waren bei einer Auseinandersetzung vor einer Disco in Hannover in der Silvesternacht mehrere Personen, darunter auch Polizisten, von einem Angreifer mit einem Messer verletzt worden. 

"Nach jeder Messerattacke sinkt das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung", erläutert Marcus Schmieder, Sprecher der Polizei Hannover. "Daher evaluieren wir nach jeder Tat grundsätzlich, wie wir das hätten verhindern können." Da es sich bei den Attacken jedoch zumeist um spontane Taten handelt, gestalte sich die Prävention für die Sicherheitsbehörden schwierig. Das Resultat: Kommt es in Deutschland zu tödlichen Messerangriffen, sitzen Politik und Behörden den wachsenden Unmut in der Bevölkerung oftmals aus. So geschehen etwa auch nach schwerwiegenden Messerattacken in Rheinland-Pfalz. Dort sorgte im Oktober in Ludwigshafen die tödliche Messerattacke eines somalischen Flüchtlings für Schlagzeilen.

Von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vernahm man in den darauffolgenden Tagen jedoch kein Wort zu den Morden in Ludwigshafen, wie der ehemalige BILD-Chefredakteur Julian Reichelt auf Twitter damals entrüstet feststellte: "Tag Drei nach dem islamistischen Blutbad von Ludwigshafen. Ein Somalier metzelt zwei Menschen nieder. Und noch immer kein Wort von Innenministerin Faeser. Stattdessen fordert sie direkt nach der Tat mehr Migration." Nur wenige Tage später griff ein Asylbewerber in Speyer mehrere Menschen an. Zwei Personen wurden bei dem Messerangriff schwer verletzt.

Die vermeintliche oder tatsächliche Bedrohung durch junge Männer mit Messern ist in Deutschland allerdings kein neues Thema. Sogenannte Butterflymesser und Springmesser, bei denen die verborgene Klinge herausklappt oder -springt, wurden bereits 2003 verboten. Seit 2008 ist zudem das Mitführen von sogenannten Einhandmessern, also Messern, die man mit einer Hand ausklappen kann, in der Öffentlichkeit nicht mehr gestattet. Aber auch Klingen mit mehr als zwölf Zentimetern Länge dürfen seither nicht mehr mitgeführt werden. 

Gesetze sowie leere Versprechungen vonseiten der Politik sind allerdings das eine. Die tatsächliche Durchsetzung solcher Präventionsmaßnahmen das andere. Denn gerade bereits mehrfach kriminell in Erscheinung getretene junge Männer, die dazu vielleicht noch zu Imponiergehabe neigen, lassen sich von einem Verbot bestimmter Messer kaum abschrecken. Abgesehen davon fallen etwa ganz normale Klappmesser unter keine Beschränkung. Eine potenziell tödliche Waffe sind sie trotzdem.

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