Deutschland

"Bürger sollen nicht nur Krümel vom Kuchen bekommen" – Sammlungsbewegung Aufstehen wagt Neustart

Sichere Arbeitsplätze, bessere Löhne, Renten und Pflege, mehr soziale Gerechtigkeit und Frieden – die Liste der Ziele der Sammlungsbewegung "Aufstehen" ist lang. Angesichts der durch Corona noch deutlicher gewordenen sozialen Probleme wird diese nun wieder aktiver.
"Bürger sollen nicht nur Krümel vom Kuchen bekommen"  – Sammlungsbewegung Aufstehen wagt NeustartQuelle: www.globallookpress.com

Um die Sammlungsbewegung "Aufstehen" war es nach einem anfänglich auch medial begleiteten Mitgliederansturm eher still geworden in den vergangenen Monaten. Jetzt sortiert man sich neu. Nach Ansicht der alternativen Vorstandsteams und des Linken-Politikers Oskar Lafontaine zeigte die Corona-Krise nochmals, dass diese Bewegung jetzt zur rechten Zeit wieder aktiver werden müsse.

"Durch die Corona-Krise und die vorher sich abzeichnende Wirtschaftskrise werden die sozialen Verwerfungen in Deutschland stärker", so der frühere Linken-Vorsitzende, der als Mitinitiator der Bewegung gilt, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken. "Aufstehen" bringe soziale Themen nach vorne, daher sei es nun Zeit für die Bewegung, "noch einmal einen neuen Anlauf zu machen". Sie war Anfang September 2018 gegründet worden.

Außer der Wahl eines neuen Vorstands, die am Mittwoch im Zeichen eines Neustarts stattfand, gebe es zudem Planungen, wieder Veranstaltungen abzuhalten, sagte Lafontaine. "Entscheidend ist, dass man die Leute mal wieder für soziale Dinge auf die Straße bringt." Die Bewegung zählte Ende 2019 rund 150.000 registrierte Mitglieder.

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Nach dem Rückzug von Sahra Wagenknecht im März 2019, die die Bewegung maßgeblich mitgegründet hatte, war es deutlich ruhiger um "Aufstehen" geworden. Das habe die Bewegung zurückgeworfen.

Ziel der Sammlungsbewegung sei es weiterhin, im Bund wieder eine Mehrheit zu schaffen, die sich für bessere soziale Leistungen, höhere Löhne und Renten sowie eine friedliche Außenpolitik einsetze:

"Das besondere Anliegen von 'Aufstehen' wird jedes Jahr dringender", sagte Lafontaine. Die jetzige Wirtschaftskrise infolge von Corona erfasse nicht nur Menschen mit ungesicherten und schlecht bezahlten Arbeitsplätzen, sondern auch besser bezahlte Arbeitnehmer und Selbstständige.

Lafontaine bedauerte erneut, dass das Kooperationsangebot von "Aufstehen" an SPD, Linke und Grüne von diesen Parteien bislang nicht angenommen worden sei. "Aufstehen" wolle auch Menschen erreichen, die sich von keiner Partei angesprochen fühlten – ohne selbst eine Partei zu werden. "Das wollten wir nicht, obwohl viele Unterstützer das forderten und immer noch fordern", sagte der Politiker. Man werde aber nicht müde, "auf die fortgesetzte Ungerechtigkeit der Politik hinzuweisen". Lafontaine ist Fraktionsvorsitzender der Linken im saarländischen Landtag.

Sorgen der Menschen aufgreifen und Programm konkretisieren

Innerhalb der Sammlungsbewegung sind unterschiedliche gesellschaftliche Themen, Gruppen und Schwerpunkte vereint. Zwei Teams stellten sich für den neuen Vorstand des Trägervereins Sammlungsbewegung zur Wahl. Den gemeinsamen Nenner der bundesweiten Bewegung bilden nach eigener Aussage beider Vorstandsteams weiter die Forderungen des Gründungsaufrufs. Mindestens jeweils ein Mitglied beider Teams kritisiert den Kapitalismus an sich.

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Bereits im ersten Wahlgang setzte sich das Team um den Projektmanager Sebastian Frese durch, der seit 2018 innerhalb des Trägervereins die Social-Media-Arbeit betreut. Ebenfalls zum neuen Vorstand gehören die Filmemacherin Laura Laabs, die Ärztin Dr. Helga Lemme, der Ingenieur und Sozialwissenschaftler Thorsten Beck sowie der Rechtswissenschaftsstudent Marius Fischer, der bereits als Stadtrat in seiner Heimatstadt Aschersleben politische Erfahrung gesammelt hatte, bevor er nach zwölf Jahren Mitgliedschaft aus der SPD austrat. Alle sind seit der Gründung von "Aufstehen" aktiv, die im Wesentlichen von Wagenknecht ins Leben gerufen wurde. So bauten Lemme und Beck in Leipzig die dortige Basisgruppe mit auf. Laabs, Frese und Fischer wiederum engagieren sich in Berlin. So sei Wagenknechts Absicht umgesetzt worden, die Bewegung in die Hand der Aktiven an der Basis zu übergeben, teilte der neue Vorstand mit.

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Das Team hat sich nach eigenen Angaben viel vorgenommen:

"Wir kämpfen für einen echten gesellschaftlichen Wandel, der die Lebens- und Arbeitsleistung eines jeden respektiert. Damit die Menschen, die den Reichtum dieses Landes jeden Tag hart erarbeiten, nicht nur die Krümel vom Kuchen bekommen, sondern die ganze Bäckerei und diejenigen, die sozial ausgegrenzt und geächtet werden, neue Chancen und Perspektiven für ihr Leben."

Ein weiterer Schwerpunkt, so heißt es, sei eine friedlichere Außenpolitik:

Die militärische Aufrüstung muss aufhören und Frieden im Mittelpunkt deutscher Außenpolitik stehen.

Außerdem dürfe die Wirtschaft kein Selbstzweck sein, sondern müsse die Bedürfnisse der Menschen erfüllen. Gemeinsam wolle man dem Diktat des Marktes, der auf teils fatale Weise in verschiedene Lebensbereiche der Menschen eingedrungen ist, eine am Menschen ausgerichtete Gesellschaft entgegensetzen.

Zudem geht es um die genaue Ausrichtung. Vielen der nach wie vor 150.000 registrierten Unterstützer fehle es an einer klaren Ausrichtung der Bewegung, auch wenn sie sich dem Gründungsaufruf verbunden fühlen. Der Trägerverein soll nun die Basisgruppen, die vor Ort intensiv arbeiten, mit klaren Strukturen und Ansprechpartnern unterstützen und vernetzen.

Man wolle auch auf "digitale" Mobilisierung setzen, und zwar über gewohnte Filterblasen hinaus, um Menschen da abzuholen, wo sie sich befinden. Als Vorstand wolle man die Bewegung auf der politischen Bühne wieder sichtbar machen, hatte das Vorstandsteam im Vorfeld der Wahl angekündigt.

Das Wachstum und die Stärke der Gruppen seien entscheidend, um den notwendigen Druck auf die Straße zu bringen und das politische Klima im Land zu verändern. Die Sammlungsbewegung "Aufstehen" betonte von Anfang an, dem Lobbyismus durch die Mobilisierung der vielen etwas entgegensetzen zu wollen. In jedem Fall sei diese Bewegung zum jetzigen Zeitpunkt noch relevanter, zumal die Corona-Krise die großen Ungerechtigkeiten des gesellschaftlichen Status quo noch deutlicher gemacht habe.

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