Deutschland

COVID-19-Schutzgesetz: Deutsche Krankenhausgesellschaft warnt vor "Daten-Utopien der Politik"

Die ab Oktober geltende Aktualisierung des Infektionsschutzgesetzes umfasst unter anderem auch die Meldepflicht für Krankenhäuser. Die DKH weist in einer Resolution darauf hin, dass die politischen Vorgaben nicht umsetzbar seien. Zudem sei die Aussagekraft der Daten zur tatsächlichen Beurteilung einer pandemischen Lage zweifelhaft.
COVID-19-Schutzgesetz: Deutsche Krankenhausgesellschaft warnt vor "Daten-Utopien der Politik"Quelle: Gettyimages.ru © picture alliance / Kontributor

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) unterstützt laut einer Pressemitteilung "grundsätzlich das Ziel der Politik, ein umfassendes Bild über das pandemische Geschehen in Deutschland zu erhalten". Nichtsdestotrotz befürchten die gelisteten Mitgliedsverbände, dass die Krankenhäuser in Deutschland aktuell keine Möglichkeit haben, die im Gesetz vorgesehenen verpflichtenden Datenlieferungen vollständig zu erfüllen. Eine dementsprechende Forderung wurde jedoch politisch durch den Bundesrat am 16. September 2022 verabschiedet

Der Interessen- und Dachverband der Krankenhausträger DKG hat die Bedenken und Probleme der Krankenhäuser mit diesem Gesetz "sehr deutlich dargestellt und kritisiert den Vorgang in einer für die DKG ungewöhnlichen Deutlichkeit", so die Berichterstattung im Krankenhaus-IT Journal darüber.

Das verabschiedete Gesetz enthält zahlreiche Neuregelungen im Infektionsschutzgesetz und anderen Gesetzen, die insbesondere den Corona-Schutz vulnerabler Gruppen im Herbst und Winter verbessern sollen. Darunter befinden sich auch die von der DKG kritisierten Vorgaben der regelmäßigen Erfassung von Daten und deren Übermittlung durch die Krankenhauseinrichtungen in Deutschland. Auf der Webseite der DKG heißt es dazu in einer Resolution unter dem Titel "Krankenhäuser werden keine Daten-Utopien der Politik bedienen können":

"Die Deutsche Krankenhausgesellschaft und ihre Mitgliedsverbände weisen aber mit Nachdruck darauf hin, dass der vom Gesetzgeber vorgesehene Datensatz, der zukünftig täglich von allen Krankenhäusern an die Gesundheitsämter übermittelt werden soll, mit der vom Bund zur Verfügung gestellten Software und digitalen Anbindung an die Gesundheitsämter nicht leistbar ist."

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) überzieht nach Ansicht der DKG die Krankenhäuser mit tagtäglichen Zusatzbelastungen,

"deren inhaltliche Definition teilweise so unbestimmt ist, dass den gesetzlichen Verpflichtungen nicht sicher gefolgt werden kann, und deren Aussagekraft zur Beurteilung der pandemischen Lage zweifelhaft ist."

Zudem stünden den Krankenhäusern "bis heute keine digitalen Schnittstellen zur Verfügung", so auch ein Mahnruf in der Resolution. Die Kliniken sollen doch dafür einfach die webbasierte Software "Komfortclient" nutzen, an deren Umsetzung derzeit aber immer noch gearbeitet wird. Obwohl die Deutsche Krankenhausgesellschaft seit Monaten das BMG und auch den Bundesminister Karl Lauterbach auf die eingeschränkten Möglichkeiten und vor allem die Grenzen der Datenlieferungen hingewiesen hätte, haben "wöchentlich neue Forderungen der politischen Leitung des Gesundheitsministeriums" die vorliegende Gesetzgebung massiv belastet und überfordert. Weiter heißt es in der DKG-Resolution:

"Praxistauglichkeit und Umsetzbarkeit dieser Datenabfragen wurden vielfach komplett ausgeblendet."

Am 16. September hatte der Bundesminister für Gesundheit im Bundesrat vor der Verabschiedung des COVID-19-Schutzgesetzes weiterhin unbeeindruckt nochmals erklärt, dass die Krankenhäuser künftig unter anderem erfassen würden, welche Patienten "mit" und welche "an" Corona erkrankt in die Kliniken kämen. Die DKG erkennt die Täuschungsgefahr, dass "das Bundesgesundheitsministerium mit diesem Gesetz der Öffentlichkeit suggeriert, dass ab dem 17. September 2022 alle Krankenhäuser den geforderten umfassenden Datenkranz liefern". Der Vorwurf an Karl Lauterbach lautet unmissverständlich:

"Die Verantwortung für diese andauernde Misere trägt der Bundesgesundheitsminister und nicht die seit über zwei Jahren mit der Pandemiebekämpfung belasteten Krankenhäuser."

Des Weiteren informiert die Deutsche Krankenhausgesellschaft über die sich anbahnende Problemlage, dass die "von der Politik geforderten Daten auch über den Jahreswechsel hinaus nicht oder nur in abweichender Form" gemeldet werden könnten, insbesondere zu folgenden geforderten Erhebungen:

  • Die Zahl der betreibbaren Betten nicht täglich, sondern einmal wöchentlich und darüber hinaus lediglich bei signifikanten Datenänderungen
  • Keine zusätzlichen indikationsbezogenen Meldungen der Notfallkapazitäten jenseits der existierenden länderspezifischen Meldungen
  • Keine flächendeckenden differenzierten Meldungen über Todesfälle an oder mit Corona, sondern gezielte Studien in ausgewählten Krankenhäusern
  • Keine flächendeckenden differenzierten Meldungen über die Krankenhausaufnahme mit oder wegen Corona, sondern gezielte Studien in ausgewählten Krankenhäusern

Um die Gefahr von Daten-Doppellieferungen – auch aufgrund landesspezifischer Vorgaben – auszuschließen, fordert die Deutsche Krankenhausgesellschaft "mit Nachdruck die sofortige und ersatzlose Integration der Datenmeldungen aus dem Bereich der Intensivversorgung (DIVI-Intensivregister), (...) mit dem DEMIS-Portal". DEMIS ist das dem RKI angeschlossene "Deutsches Elek­tro­ni­sches Melde- und Infor­ma­tions­system für den Infektionsschutz". Zudem fordert die DKG von den verantwortlichen Politikern jegliche geplanten und angedrohten "Sanktionen aufgrund der oben beschriebenen Abweichungen von der gesetzlichen Meldepflicht zu unterlassen".

Seit der Veröffentlichung am 16. September gibt es keinerlei Reaktionen des BMG oder des zuständigen Bundesministers zu den klar formulierten Bedenken der Deutschen Krankenhausgesellschaft.

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