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Abgestürzte US-Drohne vor der Krim: Die Frage der Bergung

Diese Analyse behandelt einen wenig bekannten Aspekt maritimer Hilfsoperationen. Bei dem Absturz einer MQ-9-Drohne der US Air Force vor der Krim-Küste am Morgen des 14. März 2023 stellt dieser jedoch ein sehr entscheidendes Element dar. Zwei russische Su-27-Kampfjets hatten die Drohne zuvor mehrmals überflogen.
Abgestürzte US-Drohne vor der Krim: Die Frage der BergungQuelle: AFP © Handout / USEUCOM / AFP

Von Nat South

Bergungen auf See sind wahrscheinlich nicht das interessanteste Thema, aber solche Operationen sind ein fester Bestandteil maritimer Aktivitäten. Über die Bergung gesunkener Schiffe hört und liest man kaum etwas und sie werden in den Medien nur knapp erwähnt, meist als Fußnote bei Zwischenfällen oder Unfällen. Doch die US-Marine und die britische Marine wissen nur allzu gut, dass die Bergung empfindlicher Ausrüstung von größter Bedeutung ist. Beide mussten vor nicht allzu langer Zeit aus den Tiefen des Mittelmeers und des Südchinesischen Meeres abgestürzte F-35-Kampfjets bergen, was in beiden Fällen rund fünf Wochen dauerte.

Ziel ist es, zum einen keine sensible Ausrüstung zurückzulassen, die gegnerischen Militärs möglicherweise nützliche Informationen liefern würde, zum anderen können die Überreste einen Aufschluss zur Unfallursache bringen. Dabei sind mehrere Phasen zu berücksichtigen:

  1. Die Sicherung der ungefähren Position des Wracks
  2. Sondierung der Lage und Absuchen des Meeresbodens rund um die Absturzstelle
  3. Visuelle Prüfung des Wracks und Beurteilung seines Zustands
  4. Bergung des Wracks oder Teilen davon

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird der Prozess für die Bergung des Wracks der MQ-9 derselbe sein. Da die US-Marine im Schwarzen Meer keine Ressourcen hat, um eine rasche Bergungsoperation durchzuführen, sind die USA nicht ohne Weiteres in der Lage, die Wrackteile der Drohne vom Meeresboden zu heben. Russland hat die technischen Möglichkeiten, die Trümmer der MQ-9 Reaper vom Meeresboden zu bergen. Der Sekretär des russischen Sicherheitsrates, Nikolai Patruschew, sagte:

"Dies muss getan werden. Und wir werden sicherlich daran arbeiten."

Die russische Schwarzmeerflotte verfügt über eine Reihe von Schiffen, die an Such- und Rettungsoperationen (SAR) sowie an Operationen zur Erkundung des Meeresbodens und an der anschließenden Bergung teilnehmen können. Sie sind jeweils mit unterschiedlichen Spezifikationen ausgestattet. Die meisten dieser Schiffe sind Hilfsschiffe und verfügen über eine Ausrüstung für Tauchoperationen oder sie haben Geräte an Board, mit denen der Meeresboden abgesucht werden kann. 

Für die Anfangsphase, die Suchphase, stehen der Schwarzmeerflotte mehrere hydrografische und wissenschaftliche Schiffe zur Verfügung, mit denen man eine detaillierte Erkundung des Absturzgebiets durchführen kann. Dazu gehören Schiffe, die für spezielle Unterwasserarbeiten von Bedeutung sind, wie zum Beispiel die Seliger oder das hydrografische Schiff Projekt 862/II der Yug-Klasse Donuslaw. Zudem gibt es weitere kleinere hydrografische Schiffe der Moma- oder Finik-Klasse in der russischen Flotte, mit denen man die Absturzstelle am Meeresboden auskundschaften könnte.

Für die letzte Phase der Bergungsoperation – das Heben des Wracks oder Teilen davon – verfügt die Schwarzmeerflotte über Schiffe mit hoher Lastfähigkeit. Dies sind beispielsweise das große Festmacherschiff, der Bojentender und das Rettungsschiff des Projekts 141, die KIL-158 der Kaschtan-Klasse mit seinem 100-Tonnen-Schwerlastkran sowie die Epron des Projekts 527 der Prut-Klasse, die unter anderem für Bergungs-, Hebe- und bemannte Tauchoperationen ausgerüstet ist.

Angesichts ihrer potenziellen Größe sind im Vergleich zum Heben einer ganzen Jet-Flugzeugzelle oder eines Hubschraubers bei der MQ-9 keine schweren Wrackteile zu erwarten. Dies bedeutet, dass die Identifizierung und Bergung von Fragmenten auch von anderen Schiffen durchgeführt werden kann. Falls die MQ-9 beim Aufprall auf das Wasser auseinandergebrochen sein sollte, würden die Wrackteile weit über den Meeresboden verteilt sein, was dann eine detailliertere Untersuchung erforderlich macht. In diesem Fall würde eine Bergung der Einzelteile vom Meeresgrund wesentlich komplizierter und aufwendiger sein.

Die von der Hauptdirektion für Tiefseeforschung (GUGI) des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation betriebene Seliger ist ein Forschungsschiff des Projekts 11982 und ideal für solche Arbeiten geeignet – insbesondere für Such- und Bergungsoperationen –, da sie für Meeresforschung und die Erkundung des Meeresbodens ausgelegt ist. Die Seliger verfügt über verschiedene Instrumente für die Unterwassersuche, darunter das autonome Such- und Rettungstauchboot ARS-600 für die Suche nach Unterwasserobjekten in bis zu 600 Metern Tiefe.

Die ARS-600 ist ein hochmobiles bemanntes Tauchboot, das über Greifarme verfügt und Lasten von bis zu 80 Kilogramm heben kann. Bezeichnenderweise verfügt die Seliger über ein dynamisches Positionierungssystem (DPS), das die Position des Schiffes auf der Meeresoberfläche kontrollieren und aufrechterhalten kann. Im September 2018 war sie vor der syrischen Küste im Einsatz, um bei einer Suchoperation die Teile des Wracks einer abgeschossenen IL-20 zu bergen.

Zudem gibt es weitere dedizierte Rettungsschlepper mit Mehrzweckfähigkeit wie die SB-742 oder die Kapitän Gurew des Projekts 22870. Sie hat einen Komplex für die Unterstützung von Tauchern bei Taucheinsätzen bis zu einer Tiefe von 60 Metern. Diese Schiffstypen können auch bei Bergungs- und Rettungseinsätzen hilfreich sein, wie das vor der syrischen Küste bei der Bergung einer Su-33 und einer MiG-29 der Fall war, die im Jahr 2016 ins Mittelmeer stürzten.

Darüber hinaus steht der Schwarzmeerflotte das Bergungsschiff Sayany des Projekts 05361 der Michail-Rudnitskij-Klasse zur Verfügung. Und schließlich ist da noch die ehrwürdige alte Dame der Schwarzmeerflotte, die Kommuna, ausgestattet mit einem Rettungstauchboot AS-28 sowie einer ferngesteuerten Unterwasserdrohne (ROV), mit der man in bis zu 1.000 Metern Tiefe operieren kann.

Die Kommuna ist ein ziemlich betagtes Schiff und seit über 100 Jahren im Einsatz. Deshalb ist es zweifelhaft, ob sie direkt an der Bergung teilnehmen wird, sie ist nicht so modern ausgestattet wie andere Schiffe, die zur Verfügung stehen. Obwohl sie über eine Ausrüstung mit großer Tiefenkapazität verfügt, hat sie kein dynamisches Positionierungssystem (DPS), das zur Bergung kleiner Trümmerteile notwendig wäre. Die Kommuna hat jedoch die Fähigkeit, das Rettungstauchboot AS-28 zum Einsatzort zu bringen. So könnte sie also – wenn auch höchst unwahrscheinlich – den Einsatz eines bemannten Tiefsee-Tauchboots möglich machen, falls dies erforderlich sein sollte.

Zur Not könnte sogar die Vsevolod Bobrow, ein Schiff zur logistischen Unterstützung des Projekts 03182, bei verschiedenen Aspekten der Bergungsoperation helfen. Sie ist mit Frachtkränen ausgestattet, von denen aus man die Untersuchung des Meeresbodens durchführen kann und – dank der sich an Bord befindenden Dekompressionskammer – auch Tauchoperationen unterstützt werden können. Kurzum, es gibt in der russischen Flotte genügend Schiffe, die für den Einsatz zur Bergung von Wrackteilen geeignet wären.

Vergangenes Jahr wurden bereits häufig Aspekte der Bergungsoperation und Ausrüstung angesprochen, die nach dem Untergang des Flaggschiffs der Schwarzmeerflotte Moskwa sozusagen hinter den Kulissen stattgefunden haben. Zu dieser Zeit war auch der Rettungsschlepper Spasatel Bech (früher unter dem Namen SB-739) im Dienst, der eine Tauchunterstützung für bis zu 60 Meter Tiefe, einen ROV und andere Suchgeräte einsetzen konnte. Dieses Schiff wurde jedoch im Juni 2022 während einer Mission vor der Schlangeninsel an der Küste der Ukraine versenkt.

Bergungsoperationen

Angesichts der Tatsache, dass sich die ermittelte Absturzstelle beziehungsweise die Überreste der MQ-9 in Gewässern von mehr als 900 oder 1.200 Metern Tiefe befinden – laut US-Offiziellen und Medien –, werden die Bergungsoperationen an ihr Limit kommen, aber nicht unbedingt so belastend sein wie extreme Bergungsoperationen in der Tiefsee, so wie es bei der abgestürzten F-35 der Fall war. Alles hängt weitestgehend vom Gesamtzustand der Drohne ab.

Obwohl Schiffe mit Ausrüstung zur Tauchunterstützung zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel Taucherglocken, erreicht der Wasserdruck in dieser Tiefe mehr als 90 bar, sodass keine Menschen eingesetzt werden können, was somit unbemannte und ferngesteuerte Tauchdrohnen erfordert.

Sobald die Absturzstelle oder das Trümmerfeld lokalisiert worden ist, könnten diese dann unter der Verwendung von Side-Scan-Sonar den Bereich am Meeresboden absuchen, inspizieren und kartieren. Anschließend würde die Operation höchstwahrscheinlich genau so ablaufen, wie hier die Bergung einer abgestürzten F-35 der US-Navy im Südchinesischen Meer im Jahr 2022 beschrieben wird:

"Das Flugzeug wurde mit einer CURV-21 geborgen, einer ferngesteuerten Tauchdrohne, das eine spezielle Befestigungsvorrichtung am Flugzeugwrack anbrachte. Der Hebehaken des Schiffskrans wurde dann auf den Meeresboden abgesenkt und an die Befestigungsvorrichtung eingehakt. Anschließend wurde das Flugzeugwrack an die Oberfläche gehoben und an Bord der Picasso gehievt." 

Dasselbe Verfahren wurde angewendet, um im Jahr 2021 einen Hubschrauber der US-Navy aus extremen Tiefen im Pazifik zu bergen. Man beachte, was hierzu erklärt wird:

"Die Tiefe ist ein Faktor, ebenso die Verfügbarkeit der benötigten Ausrüstung. Andere Faktoren sind die Verfügbarkeit eines Schiffes mit dynamischem Positionierungssystem, das Wetter und die Jahreszeit. Wenn man ein Flugzeug bergen will, muss das Schiff direkt über der Absturzstelle in Position bleiben können."

Eine weitere Methode wäre die Verwendung von Hebeballons. Davon gibt es verschiedene Ausführungen, entweder als eine Art länglicher Airbag oder als fallschirmförmiges Hebekissen, die in diversen Größen erhältlich sind. Diese könnten unter bestimmten und besonderen Umständen zusammen mit einem Hebekran verwendet werden.

Präzedenzfälle im Schwarzen Meer

Eine von der Schwarzmeerflotte durchgeführte Bergung war die der Liman, einem Schiff für elektronische Aufklärung, das am 27. April 2017 nach der Kollision mit dem Handelsschiff Youzarsif H etwa 20 Seemeilen nordwestlich der Bosporus-Meerenge sank.

Die russische Marine schickte umgehend ein Schiff, um das Gebiet zu sichern. Anschließend wurde die Seliger hinterhergeschickt, um das Wrack zu untersuchen und zu begutachten. Danach kam auch noch die SB-739 zur Bergung sensibler Ausrüstung hinzu. Alles in allem hatten mehrere Schiffe unterschiedliche Rollen in dieser Operation, die KIL-158, die Epron, die Seliger und die SB-739. Die Liman sank außerhalb der türkischen Hoheitsgewässer, dennoch war es angesichts der Rolle dieses Schiffes und der Nähe zu einem NATO-Staat äußerst dringend, streng geheimes Material und Ausrüstung aus dem Wrack zu bergen. Eine sehr ähnliche Situation dürfte sich bei der Moskwa ereignet haben.

Ein weiterer Präzedenzfall, speziell auf das Schwarze Meer bezogen, hatte sich am 30. August 1974 ereignet. Ein Zerstörer der Kaschin-Klasse, die Otwaschnij, geriet nach einer Explosion im hinteren Munitionsmagazin in Brand und war daraufhin gesunken. Die sowjetische Marine lancierte auch in diesem Fall umgehend eine Operation zur Bergung von sensibler Ausrüstung aus dem Wrack.

Die russische Marine hat in den vergangenen zehn Jahren angemessene Erfahrung mit Rettungseinsätzen entwickelt, einschließlich während der Unterstützung Argentiniens bei der Suche nach dem gesunkenen U-Boot ARA San Juan im Jahr 2017. Bis vor Kurzem veröffentlichte das russische Verteidigungsministerium regelmäßig Informationen über Übungen, die mit einer Vielzahl von Ausrüstungen durchgeführt wurden, einschließlich mit Mini-Tauchbooten (DSRV), ferngesteuerten Unterwasserdrohnen sowie mit Tiefsee-Anzügen und Taucherglocken. Zudem hat die russische Marine in den vergangenen Jahren an mehreren Expeditionen teilgenommen, die oft komplexer Natur waren. Beispielsweise um in der Barentssee gesunkene Objekte aus dem Zweiten Weltkrieg zu bergen, die Bergungsfähigkeiten aufrechtzuerhalten oder, wie ein kürzlich erschienener Bloomberg-Artikel es umschrieb, es "der Marine zu ermöglichen, spezialisierte Taucher zu trainieren und Geräte wie Mini-U-Boote und Tauchdrohnen zu testen". In ähnlicher Weise gab es Expeditionen archäologischer Natur im Schwarzen Meer, darunter eine im Jahr 2015, die von Präsident Wladimir Putin in einem Tauchboot begleitet wurde, das der Russischen Geografischen Gesellschaft (RGS) gehört.

Aus dem Englischen.

Nat South ist eine ehemalige Spezialistin für Maritime Richtlinien in den Bereichen Sicherheit und Regulierung. Als unabhängige Autorin und Kommentatorin zu maritimen geopolitischen Themen mit Schwerpunkt Arktis sind ihre neuesten Analysen auf ihrem LiveJournal-Blogpost zu finden.

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